Rückblick auf meine TalentTage2024

Vom 25. September bis zum 9. Oktober haben in diesem Jahr die TalentTageRuhr der Stiftung TalentMetropole Ruhr stattgefunden. Ich war vom ersten bis zum letzten Tag mit 21 Lesungen und Workshops am acht Grundschulen bzw. Kindergärten in Dortmund, Essen, Hagen und Waltrop dabei. Ein Ziel der Veranstaltungen war, mit den Kindern über ihre Kompetenzen ins Gespräch zu kommen und/oder grundlegende Kompetenzen zu fördern. (In den drei Taschen sind übrigens die Materialien für die drei verschiedenen Formate 🙂 )

Interaktive Lesung „Ein aufregender Tag“ in Kindergärten

Die Lesungen sind immer unterschiedlich, ich stimme sie auf die Kindergruppen ab, da diese von Stadt zu Stadt und Sozialraum zu Sozialraum unterschiedlich sind. In diesem Jahr war ich vor allem in Kindergärten mit einem sehr hohen Anteil an Kindern mit anderer Muttersprache als Deutsch. In einer Gruppe konnte kein Kind Deutsch. Da habe ich das Buch weggelassen, die Geschichte mit Händen und Füßen anhand von Bildern erzählt und die Kinder dazu ermuntert, wenigstens einzelne Worte zu den Bildern zu sprechen – in Deutsch oder in ihrer Muttersprache. Auch in den anderen Gruppen war es nicht möglich – wie in früheren Jahren in Kindergärten – darüber zu sprechen, was die Kinder gut können. Aber: Alle Kinder haben am Schluss eine eigene Mini-Geschichte erzählt. Der „aufregende Tag“ in meinem Buch endet nämlich damit, dass die Protagonisten sich Geschichten erzählen. In jedem Fall haben die Kinder erfahren, wie es ist, etwas vor anderen vorzutragen – und in einer Gruppe haben sie nebenbei noch gelernt, dass eine Frage keine Antwort ist 😊 Sehr berührt hat mich, wie sehr die Kinder sich über das Faltboot gefreut haben, dass sie passend zur Geschichte von mir bekommen haben, damit sie zu Hause noch einmal über das Erlebte sprechen können. Manche Kinder haben es direkt noch angemalt und mit einem Namen versehen.

Interaktive Lesung aus „Susa, Timo und die Buchstabenverschwörung“ in Grundschulen

In dem gesamten Buch geht es darum, dass Timo trotz seiner Lese-Rechtschreib-Schwäche Anerkennung in der neuen Schule findet. Für die Lesung bei den TalentTagenRuhr lasse ich diesen Teil weg und lese den Teil, in dem es um die Rettung des Hundeplatzes geht. Achtung Spoiler 😊 Der Hundeplatz wird am Ende gerettet, weil Timo so gut Geschichten erfinden kann. Aber ich lese die Geschichte zu bis zu der Stelle, an der klar ist, Susa und Timo müssen etwas tun. Dann fordere ich die Kinder auf, zu erzählen, was sie richtig gut können und zu der Rettung des Hundeplatzes beisteuern können. Da sprechen die Kinder reihum, weil jeder etwas richtig gut kann. Manche Kinder müssen dann erst überlegen, die Zeit bekommen sie auch, aber am Ende haben alle Kinder eine oder mehrere Fähigkeiten gefunden, die sie gut beherrschen. Ich fasse diese Kompetenzen dann zusammen, indem ich erzähle, wie das Hundeplatzfest der Klasse aussieht – das ist immer anders, mal gibt es ein Basketballturnier und mal wird Fußball gespielt, mal gibt es auf der Bühne Tanzvorführungen oder Breakdance, mal ein Quiz über Hunde, weil ein Kind sich gut merken kann, was es in Tierfilmen sieht. In sprachgemischten Klassen baue ich dann noch die verschiedenen Sprachen ein, die die Kinder sprechen können – denn es ist doch gut, wenn bei dem Fest jemand ist, der übersetzen kann. Hier bekommen die Kinder am Ende eine von Timos Geschichten als Mini-Büchlein, um auch hier zu Hause mit den Eltern die Lesung reflektieren zu können. Am Ende besteht noch die Möglichkeit, mir Fragen zum Beruf der Autorin zu stellen. Standardfrage: Wie alt bist du? 😊 Am Dienstag hat mich ein Kind, als ich mein Alter nannte, mit diesem Satz getröstet. O-Ton Viertklässlerin: „Du weißt doch, man sagt, Männer werden nur sieben Jahre alt, dann wachsen sie nur noch und Frauen sind immer 29.“ 😊

Mein Wünschebuch-Workshop in vierten Klassen

Das Konzept für diesen Workshop habe ich vor fünf Jahren in Gotha entwickelt und ausprobiert. Ich sammle mit den Kindern zunächst Wünsche und anschließend gestaltet jedes Kind sein eigenes Wünschebuch, also so etwas wie eine Bucket- oder Löffelliste, mit zehn Wünschen. Die werden länger oder kürzer beschrieben und dazu wird dann ein Bild oder eine Skizze gemalt. Der Workshop findet ausschließlich in vierten Klassen statt, weil die Kinder sich mit ihrer Zukunft beschäftigen, wenn es um die weiterführende Schule geht. Auch hier ist das Ergebnis immer anders, manche Klassen legen mehr Wert auf materielle, andere auf ideelle Wünsche. Weltfrieden, kein Krieg und Hilfe für Benachteiligte tauchen aber immer auf, ok, die Kinder sagen nicht „Hilfe für Benachteiligte“, sondern den armen Leuten helfen oder Obdachlosen Wohnung und Essen geben. Oft haben sie schon eine Idee davon, was sie einmal werden möchten und sind da auch sehr pragmatisch, Youtuber sein könnte man ja mit einer Arbeit als Koch verbinden 😊 Tiktoker tauchte als Beruf bisher noch nicht auf. Dafür habe ich aber unter der Rubrik „Das möchte ich haben“ Dubai-Schokolade kennengelernt, davon hatte ich vorher noch nie gehört. Außergewöhnlich war in dieser Woche der Wunsch eines Mädchens, das Gebärdensprache können möchte – und dabei stellte sich dann heraus, dass die Lehrerin gerade einen Kurs in Gebärdensprache besucht. Solche besonderen Momente sind es, die dafür sorgen, dass ich nach allen Schulveranstaltungen, besonders aber nach diesen Workshops beschwingt nach Hause fahre. Die Kinder nehmen ihr Wünschebuch natürlich mit nach Hause und sind immer begeistert, wenn sie hören, dass es von mir selbst gebastelt ist und nirgendwo gekauft werden kann. Auch irgendwie tröstlich in einer Welt des Konsums, oder?

Mein Fazit

Ich habe wieder erfahren, wie wichtig es ist, stärkenorientiert mit Kindern zu arbeiten und bin froh, dass die TalentTageRuhr mir auch 2024 wieder die Möglichkeit gegeben haben. Natürlich erreiche ich nicht alle Kinder, es waren etwa 500 Mädchen und Jungen. Aber wenn die alle oder ein Teil von ihnen nach Hause geht und wieder etwas mehr Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen gewonnen haben, ist das für sie persönlich und für die Gesellschaft wertvoll. © 2024 Dr Birgit Ebbert www.birgit-ebbert.de